© 2017 by Jonas Seufert

Die Story ihres Lebens

Sie waren vor rund 30 Jahren auf einer Journalistenschule. Hatten Sie damals schon konkrete Zukunftspläne?  

 

Sie: Ich wollte schon immer über Kultur schreiben. Mein Traum war es, Theater-Redakteurin bei der ZEIT zu werden. Ich wollte mit 30 mein erstes Kind haben. Und es war auch immer klar, dass es zwei werden. 

 

Können Sie sich an Ihre erste Gehaltsverhandlung erinnern?  

 

Ich bin völlig unvorbereitet da reingegangen, total naiv. Ich dachte, die werden schon wissen was sie mir zahlen. Oder es gibt ein festes Gehalt. Mit dem Ergebnis war ich zufrieden. Es war einfach sehr viel mehr als das, was ich als Studentin zur Verfügung hatte.  

 

Später hat Ihr jetziger Mann Sie ermutigt, sich bei seinem Arbeitgeber zu bewerben. 

 

Da waren wir aber noch nicht zusammen. Mein Mann hat meinen Namen weitergegeben, die haben mich eingeladen und dann hatte ich den Job. Sie haben wesentlich besser bezahlt, als bei meiner vorherigen Stelle. Ich hatte ein Einzelbüro. Ich wurde gefragt, welchen Stuhl, welchen Schreibtisch ich haben möchte. Ich hatte eine nagelneue Lampe. Davon habe ich mich blenden lassen. Sie haben mir das Gehalt angeboten, ich habe es angenommen. Erst im Nachhinein habe ich erfahren, dass das nicht viel war. 

 

Wie ging es dort für Sie weiter?  

 

Aus dem Jahresvertrag wurde ein unbefristeter Vertrag und ich habe irgendwann eine stellvertretende Leitungsposition gehabt. Es war natürlich nicht offiziell, das stand so nicht im Vertrag. Ich habe das einfach gemacht. Das ist mein Muster bis heute. Ich mache so etwas einfach, ohne jemals einen Titel zu bekommen oder das entsprechende Gehalt. Das ist echt die Story meines Lebens. 

 

Haben Sie mehr Gehalt gefordert?  

 

Ich habe es irgendwann mal angesprochen, aber da wurde ich abgewimmelt. Ich habe es mir aber auch gefallen lassen.

Sie haben vor über 30 Jahren eine Ausbildung an einer Journalistenschule gemacht. Wie waren damals Ihre Zukunftspläne?  
 
Er: Ich war total verunsichert. Ich hatte mich schon für drei Studiengänge eingeschrieben gehabt, als ich mich für die Journalistenschule beworben habe. Eigentlich wollte ich immer auf die Filmhochschule gehen. Da bin ich aber abgelehnt worden. Die Journalistenschule war dann sozusagen die zweite Wahl. 

Ihre Frau und Sie arbeiten heute im gleichen Ressort. Gab es seitens des Unternehmens jemals Widerstand?   
 
Ja, der kam vom damaligen Chefredakteur. Er hat mal zu mir gesagt: „Können Sie sich nicht eine andere Freundin suchen? Das ist nicht gut, wenn man mit jemandem aus dem eigenen Ressort zusammen ist.“ 
 
Sie waren zeitweise sogar der Chef ihrer Frau. War das auch für Sie persönlich problematisch?  
 
Für meine Frau war das sicher ein Problem. Ihre Karriere ist dadurch behindert worden. Sie hätte gerne eine Leitungsposition übernommen. Meine Frau ist gut darin und hat das auch kommissarisch gemacht. Aber der Chefredakteur hat sich letztlich dagegen entschieden, sie zu befördern, weil sie mit mir zusammen war.  

 

Wie sind Sie in Gehaltsverhandlungen gegangen?  

 

Bei den Ressortleiter-Verhandlungen war ich ungeschickt und habe viel zu wenig gefordert. Das habe ich erst später erfahren, als ich die Gehälter von anderen Ressortmitgliedern gesehen habe. Da haben andere mehr verdient als ich. 

 
Bei meiner ersten Gehaltsverhandlung bin ich ein bisschen blauäugig an die Sache rangegangen. Andere Kollegen hatten mir einen Preis gesagt. Der damalige hat Chefredakteur gesagt: Sie sind so jung, warum wollen sie schon so viel Geld? Da habe ich geantwortet: Älter werde ich schon, aber besser nicht. Dann habe ich das auch bekommen.  

Sie waren auf der gleichen Journalistenschule. Sie sind verheiratet und haben zwei Kinder. Sie arbeiten beim gleichen Printmedium im gleichen Ressort. Trotzdem verdient er mehr als doppelt so viel wie sie. Eine Spurensuche in zwei Gesprächen

Kapitel 1: Wie alles begann

INTERVIEW